Heimatkunde

Wer hat sie noch nicht in der Hand gehabt? Die beiden Buchbände über Heimatkunde für den Verwaltungsbezirk Wiener Neustadt, bearbeitet von der Lehrergemeinschaft des Verwaltungsbezirkes Wiener Neustadt. In den Sechziger Jahren wurden diese Schriftwerke als Unterrichtsbehelf verwendet.

Im Band I wird die Ortskunde dargestellt. Wir haben uns entschlossen dir den Teil über Wiesmath in unserer Zeitschrift zu präsentieren. Diese jahrzehnte alte Betrachtung vermag doch einige neue Aspekte zu bringen. Es gibt gegenüber dem Wiesmather Heimatbuch aus dem Jahre 1995 sicher viel Gleichlautendes. Aber gerade deshalb wollen wir dir diesen kompakten Artikel unverändert als Ergänzung zur Ansicht bringen.

Solltest du nun Lust auf mehr Information haben, dann lies auch das Heimatbuch der Marktgemeinde Wiesmath. Dieses erhältst du bei Bedarf auf dem Gemeindeamt.

Auszug aus dem Band I - Ortskunde:

WIESMATH

N a m e  d e s  O r t e s
Markt- und Katastralgemeinde Wiesmath; Größe des Gemeindegebietes: 38.56 qkm; Einwohner: a) des gesamten Gemeindegebietes 1745, b) des Marktes 669; Häuser: a) im gesamten Gemeindegebiet 313, b) im Markt 125; Seehöhe: 696m; Schule: 4 def. Volksschulklassen, 6 prov. Hauptschulklassen; Postamt; Gemeindearzt, Zahnarzt, Tierarzt; Gendarmeriepostenkommando.

Zur Katastralgemeinde gehören die Rotten und Einzelhäuser: Beistein, Fürnberg, Geretschlag, Höll, Horau, Neumühle, Nußleiten, Neuriß, Plettenhof, Schwarzenberg, Weinsegg (auch Wenetzeck) und Wintermühle.

E r k l ä r u n g  des  O r t s n a m e n s
Über die älteste Geschichte des Ortes ist fast nichts bekannt; 829 wird zum erstenmal Wiesmath als Grenzort genannt. Das Gebiet war in grauer Vorzeit ein ausgedehntes Wald- und Grasland, so kann der Name „Wiesmath“ nur von „Wiesen mähen“, „Wiesenmahd“ abgeleitet worden sein (ahd. wisa, mhd. wise; ahd. mad). Auf einem bei der Kirche stehenden alten Grabstein kann man unter anderem von einem „RADSBVRGER IN MARCHT WISMAD“ lesen. Der Grabstein dürfte aus dem 17. Jahrhundert stammen.

Beistein: Um das Jahr 800 wurden neben anderen Höhenzügen entlang der Römerstraßen auch die Hügel des heutigen Beistein von Bayern (nach dem Sieg über die Awaren 796) besiedelt. Von alten Leuten wird erzählt, daß in Beistein drei Freibauern lebten. In Frage kommen hier nur der Bauerhöfer, der Vollhof und der Wogahof. Daß von den Ansiedlern viel schlechter Boden gerodet worden ist, beweisen die großen zusammengetragenen Steinhaufen. Am Waldriegel, südöst. der heutigen Siedlung, fanden sich große, ursprünglich von Menschen bewohnte Steinhöhlen. Söhne und Töchter der genannten Freibauern erhielten Grundstücke zum Ansiedeln „bei den Steinen“. (Stein - eines unserer ältesten Wörter: got. stains, idg. steia, gemeingerm. stein).

Fürnberg (auch Fürgenberg) wird volkstümlich als Ansiedlung „vor dem Berg“ gedeutet, doch dürfte es zurückgehen auf germ. ferna, ahd. firni, was soviel wie „früh, fern (in der Zeit), alt“ heißt, also: Altenberg.

Geretschlag wird abgeleitet von dem „Gehweg nach Schlag“, nach Kirchschlag. Nach Mitter „Die Reichersberger Chorherren in der Pittener Waldmark“ wird Geretschlag auch ungarisch Gerhercsslag geschrieben, es kann aber auch mit „gereut-slac“ zusammenhängen.

Die „Höll“ ist die Häusergruppe in einem warmen, fast windstillen Kessel. Der Name „Horau“ wird abgeleitet von „Hoar“ (anord. horr, ahd. haro, mhd. har) Flachs, also Flachsbau.

Neumühle, das ist die „neue Mühle".

Der Name „Nußleiten“ verdankt seine Entstehung den Nußbäumen auf der Leiten.

Neuriß ist leicht zu erklären, es wurde Wald gerodet, neu gerissen (ahd. rizzan, mhd. rizen = zerreißen, verwunden).

Plettenhof wurde zwar einmal Plattenhof geschrieben, doch ist es eher zurückzuführen auf slaw. blato, was „Sumpf“ heißt.

Schwarzenberg, gedeutet nach den vormals dichten, urwaldmäßigen Baumbeständen oder auch nach dem „schwarzen Berg“, in dem Eruptivstein, Basalt, lagert.

Weinsegg (auch Wenetzeck) leitet man ab von „Weineck“, aus der Zeit vor 1828, wo auf diesem Fleckchen der beste Wein gedieh.

Und die Wintermühle nannte man also so, weil sie zum Unterschied von anderen Mühlen auch im Winter in Betrieb stand.

G e s c h i c h t e  d e s  O r t e s
In grauer Vorzeit gehörte das Gebiet der Mark Karantanien (Kärnten) an, und als Herzog Boruth, von den Awaren bedrängt, bei den Bayern Hilfe suchte, wurde es von den Franken christianisiert und kultiviert. Der Besitz des „Grunzwitigaues“, wie das Gebiet der Waldmark auch genannt wurde, ging von den Bayern auf die Franken über, als Tassilo II., Herzog von Bayern, sich von seiner Gemahlin verleiten ließ, zur Behauptung seiner Selbständigkeit gegenüber dem Frankenkönig Karl d. Gr., die Awaren zu Hilfe zu rufen. Er wurde deshalb 788 wegen Hochverrates abgesetzt, und sein Besitz kam unter fränkische Oberhoheit. Die erste Nennung des Namens Wiesmath stammt aus einer Urkunde des Jahres 829 (!), in welcher Karl d. Gr. den Spratzbach als Grenze zwischen den Diözesen Salzburg und Passau bestimmte. Die ersten Siedler ließen sich gerne (Funde bezeugen es) an (den Römerstraßen nieder, die, entlang der Wasserscheide verlaufend (Thernberg-Wiesmath-Güns), einen weiten Blick (Sicherheitsgefühl) gewährten. Besonders die Bayern schätzten diese Höhensiedlungen an den Römerstraßen. Die Missionstätigkeit wurde aber unterbunden, als um 900 die Magyaren das Grenzgebiet zu verwüsten begannen. Erst nach der endgültigen Befreiung unserer Gegend von der Magyarenherrschaft durch den Markgrafen von Kärnten, Gottfried, der die Ungarn 1042 bei Pitten besiegte, konnte die Missionstätigkeit wieder aufgenommen werden. Genau 50 Jahre nach der Gründung der Pfarre Pitten schenkte Erzbischof Konrad I. von Salzburg 1144 dem Stifte Reichersberg allen Zehent der Pfarre Pitten und den Feld-, Wein- und Blutzehent in der Pfarre Bramberch (Bromberg), zu der damals auch Wiesmath gehörte, „bis gegen Ungarn und bis zum Hartberg, soweit das ,predium Ekkeberti' reichte“.

Nach kirchlichem Recht war vor allem der Pfarrer zehentberechtigt. In der Regel mußte der zehnte Teil der Früchte gegeben werden. Man unterschied den großen oder rauhen Zehent von den Halmfrüchten, Wein, Öl und Kraut, den kleinen Feldzehent von Flachs, Mohn, Bohnen..., den Blutzehent von Lämmern..., den kleinen Blutzehent von Gänsen und Hühnern. Der Zehent wurde in Naturalien oder in Geld (Zehentgild) geleistet.

Durch die Mongoleneinfälle in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts litt unser Gebiet große Not. Im Frieden von Ofen 1254 erhielt Ottokar II. von Böhmen Österreich und den nördlichen Teil der Steiermark, der Ungarnkönig Bela IV. aber bekam den Rest der Steiermark. Die Grenze bildete die Wasserscheide zwischen Donau und Raab, sie verlief also ,vom Hartberg über Wiesmath bis zur Hartel-Spitze im Rosaliengebirge. Wiesmath fiel an die Steiermark und war bis zum Frieden von Wien 1261 unter ungarischer Herrschaft. Durch die Rückgabe des Gebietes an Österreich wurde der Riß im Pfarrsprengel Bromberg, der 1254 entstanden war, wieder gut gemacht.

Als aber 1273 mit der Wahl Rudolfs I. zum deutschen Kaiser dem Sittenverfall und der Rechtslosigkeit sowie dem Raubrittertum des Interregnums ein Ende gesetzt wurde, traten wieder, auch in unserem Gebiet, geordnete Verhältnisse ein.

In diese Zeit fällt wohl die Erbauung der drei ältesten, noch bestehenden Häuser in Wiesmath (Beisteiner-Schlosser, Schrammel-Kaufhaus, Trimmel-Schlosser), da Kirche und Pfarrhof erst viel später errichtet wurden. Die Siedlung gehörte damals als Grenzort zur Herrschaft Kirchschlag, wie aus einer 1295 ausgestellten Urkunde hervorgeht, nach welcher „Leuthold von Kuenring die Herrschaft Kirchschlag um 60 Talente reinen Goldes“ vom Grafen von Güns zurückkaufte, der 1292 „seine Hand nach des Kuenringers Besitz ausgestreckt“ hatte. 1336 pachtete Konrad von Pottendorf als Herr von Kirchschlag ,,den Zehent von Lichtenegg und Kirchschlag um 28 Pfund (vier Schilling oder 240 Pfennige = 1 Pfund) auf ein Jahr. Er behielt ihn aber bis 1396 in Pacht. In diesem Jahr fiel der Zehent wieder an ihn, und 1398 trat als Zehentpächter sein Sohn Hanns von Pottendorf auf. Aus einem von ihm aufgestellten Stiftsbrief für die Pfarre Kirchschlag ist ersichtlich, daß Wiesmath ein Markt geworden war: „...aigen guet in mein marckbt zu wiszmad....“. Demnach wurde also Wiesmath zwischen 1350 und 1398 zum Markt erhoben; es hatte aber die Herrschaft in Kirchschlag die Vogtei über die Ansiedlung inne. Allein das Recht, Wochenmärkte abzuhalten, wurde Wiesmath erst etwa 200 Jahre später verliehen.

Erst nachdem Wiesmath das erstemal als Diözesangrenze Bedeutung hatte, ist in einer Urkunde (1350) die Rede von der „Pfarre Wiesmath“. Die Holden von Wiesmath stehen nach wie vor im Dienst und unter der Vogtei der Herren von Kirchschlag mit Ausnahme „des auf dem Gollnhofe in der Pfarre Wiesmath“, der von einem „Edlen von Slat samt Dienst und Vogtei der Pfarre Bromberg verschrieben" wird (Urbarium von Bromberg). Der spätere Kaiser Friedrich III. hatte um Überlassung des Reichersberger Stiftszehents in der Steiermark ersucht, und 1434 ging die Zehentpflicht der Pfarre Wiesmath von den Pottendorfern in Kirchschlag auf Kaiser Friedrich III. über. Den Zehent wollte er für die Burgkirche in Neustadt erwerben.

Die Bauern unseres Gebietes waren damals wohl persönlich frei, doch unterstanden sie der Grundherrschaft, die sie zu Hand- und Zugrobot heranziehen konnte. Christoph von Pottendorf, Herr von Kirchschlag, ließ 1449 „durch seinen Amtmann vom Weber Sueßenbrunner am Goldenhof zu Wiesmath“ (Vogtei der Herren von Slat) gebieten, Weinfuhren von Loipersdorf nach Kirchschlag zu leisten und bot dem Weber auf, daß er und die anderen Holden, die einstens der Pfarre Bromberg zugesprochen wurden, „dem Pfarrer nur den bloßen Dienst", d. i. Geldzahlung und Abgaben von Käse, Eiern und Hühnern, „leisten und sonst nichts gehorchen" sollten. Zwei Jahre darauf wurden die Genannten nach Kirchschlag gerufen, „wo sie sechs Tage im Schlosse arbeiten mußten".

So kam es zu den Auseinandersetzungen zwischen Bromberg und Kirchschlag. Den Schaden hatten die Bauern, die von Christoph von Pottendorf gezwungen wurden (1459), die von ihnen nicht geleisteten Weinfuhren (Loipersdorf-Kirchschlag) zu bezahlen. „Der am Goldenhof, der an der Leithn und der in Karnthal mußten je 8 Pfund Pf. und der Ahornbach 3 Schilling Pf. dem Christoph für die Weinfuhr" erlegen. Der Streit wurde unterbrochen, als 1477 König Matthias von Ungarn in kriegerischer Absicht in das Land einfiel und alle festen Plätze besetzte. Durch die Verwüstungen litten die Bewohner großen Schaden. Es wurde erreicht (der Propst erhielt 1482 über Intervention des Herzogs Georg V. Bayern einen Schirmbrief), daß die Waldmark nicht durch Raub und Brandschatzung geschädigt werden durfte, doch gerieten die Gebiete der Waldmark, zum zweitenmal seit 1254, wie das ganze 1469 errichtete Bistum Neustadt unter ungarische Herrschaft. Mit dem Friedensschluß von 1491 wurden die österreichischen Länder wieder in der Hand der Habsburger vereinigt; die Herrschaft Kirchschlag hatten die Freiherrn von Puchheim schon unter König Matthias übernommen, nachdem die Pottendorfer ausgestorben waren. Ihr Einfluß in Wiesmath wurde 1503 dadurch geschwächt, daß mit „Dienst, Robot und Vogtei" neben anderen folgende „Holden zur Pfarre Bromberg kamen": „Walich zu Gerhercsslag (Geretsschlag), Haydn zu Wiesmath ,an 'der zeyll' ". Von diesem Jahr leistete der „Goldenhoffer“ dem Pfarrer keinen Robot mehr, sondern bloß den Dienst in der Höhe von nur mehr 2 Pfd. 16 Pf. Nach dem Grundbuch 1268 hatte er noch zu leisten gehabt: Goldenarius de una huba solvet: 20 casevs duros, vel valentes totiem denarios et duos modios utrusque frumenti, hoc est unum sigilis alterum avene, ½ Pfund pro porco, ½ metreta papaveris, una meta fabe et 6 pullos Michaelis, unum agnum pascalem... 4 faciculos schot lini... Es ist wohl schwer, sich in den Fachausdrücken der damaligen Zeit zurechtzufinden, doch eine ungefähre und sinngemäße Übersetzung obigen Textes ergibt: Der Goldner hat von zusammen einer Hube zu bezahlen: 20 Denare in Hartgeld (Pfennig - Denar) und zwei Maß (?) derselben Frucht, eines vom Weizen, eines vom Hafer und 1/2 Pfund Schweinefutter, Maßeinheiten (?) von Mohn, Bohnen... zu Michaeli (?)... Aus dem 1569 angelegten Urbar von Kirchschlag geht klar hervor, welche Robotleistungen damals von der Herrschaft gefordert wurden: die Untertanen hatten „jährlich das Kraud zu setzen, zu hauen, auszuschlahen und in die grueb" zu bringen, doch „muessens die paurn (= die außerhalb des Marktes Kirchschlag) fiern" (Robot). Dieses Führen des Naturalzinses bzw. Zehents hatte überhaupt große Geltung. Bei dem Waldreichtum des Gebietes waren wohl die Holzfronen am häufigsten anzutreffen, (besonders auch beim Bau der Annakirche 1509. Am unangenehmsten waren sicher die Jagd- und Fischereifronen, weil sie nicht wie die anderen Frondienste auf eine bestimmte Zahl beschränkt waren, sondern es hieß: „zum gejaidt so oft man inen ansagt, muessen sie gehorsam..." (Robot).

Wir kommen nun in die Zeit der großen religiösen Umwälzungen. Auch vor Wiesmath machte der Protestantismus nicht halt. Der Pfarrer von Aspang, Gerengl, bekannte sich unter dem Druck und Einfluß des als beharrlichen Verfechter des neuen Glaubens bekannten Herrn von Königsberg als erster zur neuen Lehre. 1551 predigte Gerengl offen die protestantische Lehre; seinem Beispiel folgte neben anderem auch der Pfarrer von Wiesmath. Diese Männer wurden aber verhaftet, König Ferdinand ließ sie gebunden und gefesselt noch im selben Jahr „auf einem großen Fuhrwagen" nach Salzburg bringen, wo man sie in die Festung sperrte. In der Fastnacht 1554 leisteten sie Widerruf und wurden wieder in Freiheit gesetzt. Während dieser Zeit war die Pfarre zeitweise unbesetzt und wurde von Bromberg aus seelsorglich betreut; aber das „Volk“ wird in einem Visitationsbericht von 1625 in „seiner Mehrheit als katholisch befunden."

Der innere Friede, nämlich der Religionsfriede, ward wieder hergestellt, doch droht die Gefahr von außen: Die Türken kommen! Sicher hatten die Bewohner der Grenzgebiete schwer unter Feuer und Schwert der Asiaten zu leiden, aber die Hauptkämpfe und Verwüstungen spielten sich im Semmeringgebiet ab. Als 1532 Sultan Soliman mit einem Teil seines Heeres von Neustadt durch das Pittental nach Steiermark zog, erlitt die Waldmark wohl arge Not. Noch ärger aber hatten sich die Einfälle der Horden Bocskays um 1605 ausgewirkt. Der mit den Türken Verbündete „sandt in dies Land Türkhen, Tartern, mit seiner mainaidigen Schar, die verbrenten vil Flekhen gar, hauten darnider gar vil Leuth, welcher Bluet noch gen Himmel schreit, führten hinweg Kinder groß und klein, auch alt leut, hülft nit ihr hais wain. Verkauften solche in Türkei. Urteil jeder obs Christlich sei?" „Großen Schaden erlitt Kirchschlag, ferner der Pfarrhof und die Kirche zu Bromberg..."

Es ist wohl verständlich, wenn man dem Markt Wiesmath nun in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts das Recht einräumt, an jedem Sonntag einen Wochenmarkt abzuhalten. Es sollte dadurch gewiß eine Entschädigung für die durch die eingefallenen Horden erlittenen Schäden geboten werden.

Kaiser Leopold I. fordert 1663 die „Viertelhauptleute“ auf, die als „Fluchtörter“ genannten Schlösser zu untersuchen und für die Verteidigung einzurichten. Die Bewohner Wiesmaths wurden der in der kaiserlosen Zeit als Raubburg erbauten Feste Stickelberg zugewiesen. Sie „mussten zur Verteidigungseinrichtung" in der seit 1610 im Besitz des Grafen Wurmbrand befindlichen Burg „drei Tage Robot leisten". Aber auch an der eigenen Wehrkirche wurde zur Abwehr gerüstet.

Es begann eine schreckliche Zeit. Während der Belagerung Wiens kamen die Türken in unsere Heimat, plünderten, mißhandelten und entführten die Bewohner, deren Häuser gingen in Flammen auf.

Nach den Verwüstungen durch die Türkenkriege herrschte auch bei den Edelleuten große Not. So lieh sich der „Pfleger von Kirchschlag, Maximilian Hengis von Hengenau", 1693 von der Kirche zu Wiesmath 1000 Reichstaler aus, ebenso schuldete Graf Wurmbrand der Kirche zu Wiesmath „300 Gulden rheinisch".

Man hatte sich noch nicht erholt, brach in Ungarn der Kuruzzenaufstand (Kuruzzen, ein ungarisches Wort vom türkischen KHURUDSCH, d. i. der Aufständische, abgeleitet) aus. Das Jahr 1702 war für die Waldmark eine schwere Heimsuchung. Die Bevölkerung raffte eilends die notwendigsten Habseligkeiten zusammen und flüchtete in die Wehrkirchen. Die Rebellen raubten das Vieh aus den Häusern, zündeten diese an und mißhandelten oder töteten die Leute. Der Markt Kirchschlag wurde besonders hart mitgenommen. Er erlitt einen Schaden von 40.000 fl und verlor viele Menschenleben.

In Wiesmath grub man von der Kirche aus unterirdische Gänge. Einer zieht sich von der Pfarrkirche längs des Platzes zum ,,Beisteinerhaus“. Auch findet man Überreste solcher Gänge in Beistein und Geretsschlag. Den Einfällen dieser ungarischen Rebellen hat Wiesmath 1713 das Wüten der Pest zu verdanken; der Ort starb fast aus. Als die Seuche vorübergegangen war, errichtete man zum Dank eine Marienstatue, die 1856 auf den Platz des mittelalterlichen Prangers versetzt wurde.

Nach all dem sich vor unserem geistigen Auge abspielenden Aufruhr ist es nun gut, friedlichere Geschichtszeugen zu betrachten: „DEN 8. IVLIO DES 1677 IAR" ist hier „GEORG FHIEWIERTH" gestorben. So erzählt ein alter Grabstein. Wieviel könnte er uns berichten, wenn er reden könnte! Mehr sagt uns bereits die Inschrift auf einem zweiten Stein. Beide Grabsteine weisen ähnliche Form und gleiche Struktur auf, so daß man gezwungen ist, anzunehmen, es handle sich um Arbeiten desselben Zeitabschnittes: ,,ALHE LIGT BEGRABEN DER EHRNVESTE VND VERNEHME HER ELIAS BARSTORFER GEWESTER RICHTER. BINTER VND RADSBVRGER IN MARCHT WILMAD SEINES ALTERS 60 IAHR SO GESTORBEN... Wenn nicht mehr, so ist dieser jetzt noch an der Kirchenmauer stehende Grabstein ein augenscheinlicher und echter Beweis für den „Gerichtsstand“ und „Markt Wiesmath".

Um sich in Zukunft besser vor den einfallenden Scharen aus dem Osten schützen zu können, bauten die Wiesmather anläßlich der Vergrößerung der Kirche um 1703 einen Turm zur Verteidigung und als Aussichtswarte gegen die oft einbrechenden Ungarn. Zur gleichen Zeit wurde die Pfarre Wiesmath vom Neustädter Distrikt abgetrennt und dem neu gegründeten Dekanat Kirchschlag zugesprochen. Auf Grund der Reformen Josefs II. traten eine Menge Umwälzungen ein. Kirchen wurden gesperrt, neue Zehentbestandsverträge geschlossen, der Abbau alter Vorrechte der Kirche begann. In (der Pfarrschule wurde der Unterricht aufgenommen. Im allgemeinen war diese Zeit schon ein Vorsignal der dann später folgenden großen Revolution. Infolge der Wirrnisse von 1848, des Krieges mit Italien (Vorspannkosten) und wegen häufiger Elementarunfälle (Hagelschlag, Kartoffelkrankheit) baten viele um Nachsicht des Zehentgeldes. In Wiesmath, das damals noch in der Verwaltung geteilt war, ersuchte der Amtsrichter Franz Gradwohl vom Amt Wiesmath und der Marktrichter Josef Grundner um Nachsicht des Zehentgeldes.

Schließlich wurde die Zehentabgabe als solche überhaupt aufgelassen, die Ferdinand I. durch seine Entschließung vom 14. Dezember 1846 bereits angebahnt hatte. Rechtskräftig wurde sie durch das Robot-Entschädigungspatent von 1849.

In den letzten Jahrhunderten wurde Wiesmath auch oft von Naturkatastrophen heimgesucht: Feuersbrünste 1612, 1671, 1825 und 1909, die wohl die schrecklichste war: 40 Objekte wurden eingeäschert. Das letzte große Schadenfeuer war 1951 (Pfarrchronik).

Der Ausbau der Straße Wiesmath-Hochwolkersdorf erfolgte 1867. Beim Bau der Straße nach Hollenthon fand man 1887 die Skelette dreier Revolutionäre, die 1848 durch das hiesige Gericht erschossen wurden (Pfarrchronik).

Nach Aussage der ältesten lebenden Bewohnerin besteht seit ungefähr 1890 in Wiesmath ein Gendarmeriekommando. Anläßlich der Kämpfe um das Burgenland im Jahre 1921 war die Schule von 60 Mann Gendarmerie belegt (Schulchronik). Das hiesige Postenkommando ist eines der ältesten der Umgebung. 1925 wurde Wiesmath mit elektrischer Energie von Scheiblingkirchen aus versorgt {Schulchronik).

Erwähnenswert ist noch, daß sich das in Geretsschlag befindliche Gasthaus zum Wanderlhof nach alter Überlieferung einst eine Grenztaverne gewesen sein soll.

Durch die Straßenbauten und den Bau der Wechselbahn wurden auch die Orte der Buckligen Welt in das kulturelle Leben einbezogen: 1910 verkehrte zwischen Kleinwolkersdorf und Wiesmath der Postwagen, zehn Jahre später wird der Privatautoverkehr zwischen Kleinwolkersdorf und Hochwolkersdorf aufgenommen, und im nächsten Jahr (1921) wird die Verbindung mit Wiesmath hergestellt. Im Jahre 1923 nimmt die Firma Partsch die Strecke Wr. Neustadt-Wiesmath in Betrieb, die vier Jahre später nach Kirchschlag und Lockenhaus erweitert wird.

Einen Einblick in die Fortschritte der Technik gewährt der Vergleich der Fahrtdauer zwischen Kleinwolkersdorf und Wiesmath:
Postwagen 1910 - 3 Std. 55 Min.; Kraftomnibus 1953 - 45 Min.

Die Kirche in Wiesmath
1350 bestand schon eine Pfarrkirche, wahrscheinlich in Form einer Kapelle. Die jetzige große Pfarrkirche wurde erst 1498, diese Jahreszahl ist im gotischen Bogen über dem Altarraum eingemeißelt, errichtet. An die alte, romanische Kirche hatte man 1703 den heutigen Altarraum und den Turm angebaut. Damals waren Wehrmauer, Wassergraben und Zugbrücke vorhanden. Bereits 1710 wurde eine Turmuhr angefertigt. 1834 wurde ein neuer Dachstuhl errichtet (Pfarrchronik). Das Jahr 1843 brachte eine Menge Änderungen mit sich. „Markt und Amt Wiesmath mit dem „Pfarrer John" ersuchten den Propst Anton um einen Beitrag zur Orgelreparatur und begründeten ihr Gesuch mit den großen Auslagen, die sie für den Bau der Friedhofsmauer mit dem eisernen Gittertore hatten, das an die Stelle der Zugbrücke trat. Zu dieser Zeit (1834) wurde auch der Friedhof, der bis dahin um die Kirche angelegt war, wegen Überfüllung nach Annaberg verlegt. Das an die Mauer bzw. an den alten Friedhof anstoßende heutige Mesnerhaus diente früher als Karner und dürfte dem Bau nach einmal eine Kapelle gewesen sein.

Baumeister Sebald Werpacher aus der von Kaiser Friedrich zur Blüte geführten Neustädter Bauschule ist der „vermutliche Erbauer der St. Annakirche in Wiesmath". Auf Grund des von Josef II. gegründeten Religionsfonds wurde 1783 die Annakirche gesperrt und um 40 fl an den Ortsrichter von Hollenthon verkauft. „Dadurch verlor der Pfarrer von Wiesmath" hohe Summen an Einkommen und die Pfarrkirche große Beiträge für Kirchenwäsche und Kerzen. Auf Drängen des Pfarrers Gittler „kaufte die Marktgemeinde die Annakirche zurück, die dann 1803 wieder eröffnet und eingeweiht worden ist". 1945 brannte die Annakirche durch Kriegseinwirkung ab. 1947 wurde sie wieder erbaut, doch fehlt noch immer der Turm, ein Wahrzeichen der Buckligen Welt.

Die Schule in Wiesmath
Der Unterricht dürfte früher im Pfarrhof erteilt worden sein, da in der Chronik der erste Schulbau erst um 1800 verzeichnet ist.

Nach der Stolaordnung von Wiesmath zur Regelung des Einkommens des Schulmeisters aus dem Jahre 1766 (Archiv der Lehensverwaltung des Stiftes Reichersberg in Pitten) „war der Schulmeister daselbst zu folgenden ‚Einhebnussen' berechtigt: Für Kindestaufe 3 kr, Taufe zu Ostern und Pfingsten 18 kr, Taufe eines unehelichen Kindes 30 kr, Begräbnis 10 kr, Versehgang im Markte 3 kr, Versehgang außer dem Markte 6 kr, Verkündzettel schreiben 3 kr, Trauung 15 kr, wenn die Braut in der Pfarre blieb; 30 kr, wenn die Braut auswärts getraut wurde, von den heiligen Messen 3 kr in der Pfarrkirche und 9 kr in der Annakirche, Einsammeln der österlichen Beichtzettel von jedem Hause 3 kr; ferner erhielt der Schulmeister 25 gegupfte Metzen Korn, 25 Metzen Hafer und 25 fl von der Gemeinde“. 1843 erklärt sich der Lehensverwalter mit der Vergrößerung der Schule in Wiesmath einverstanden, doch ist ihm der vom Maurermeister Handler zu Wiesmath gemachte Kostenüberschlag zu hoch. Zum Schulerweiterungsbau kam es 1855, bisher war nur eine Klasse mit 230 Kindern vorhanden (Schulchronik). Die nächste Erweiterung der Schule erfolgte 1878 durch Zubau, wodurch vier Klassenzimmer entstanden.

1896 errichtete man die Expositur in Schwarzenberg, welche nach 37 Jahren (1933) selbständig wurde.

Die Bildungsmöglichkeit wurde ferner gefördert durch die Eröffnung eines landwirtschaftlichen Fortbildungskurses (1924), dem 1929 ein Haushaltungskurs folgte, den Landeskammerrat Franz Johann Ernst, der als Bauernpionier der Buckligen Welt gilt, ermöglichte. Wiesmath ist stolz, daß es 1932 Kammerrat Ernst als Mandatar in den n.-ö. Landtag entsenden konnte (Schulchronik).

In das Jahr 1930 fällt die Eröffnung der allg. gewerbl. Fortbildungsschule in Wiesmath, die in den Nachkriegsjahren nach Wr. Neustadt verlegt werden mußte.

1944 wird die Hauptschule Wiesmath als Expositur der Hauptschule Lanzenkirchen errichtet.

Im Jahre 1945 wird Wiesmath unter Dir. Ernst Sprengelsitz einer landwirtschaftlichen Fortbildungsschule (Schulchronik).

Vom Lehrkörper verfasst

G e s c h i c h t l i c h e D e n k m ä l e r , Funde U. ä.
Unter den geschichtlichen Denkmälern sind zu nennen: die bereits erwähnten alten Grabsteine an der Kirchenmauer mit den noch lesbaren Aufschriften „Wismad“ auf dem einen und „1677" auf dem anderen, die nach 1730 errichtete Mariensäule und die 1938 in der Kirche entdeckte Freskmalerei. Der Chronist berichtet: Im Laufe des Sommers wurde das Innere unserer Pfarrkirche einer gründlichen Renovierung unterzogen. Dabei wurden unter dem Maueranstrich zwei Fresken entdeckt, die nach dem Urteile von Fachleuten aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammen. Die beiden Gemälde, die noch ziemlich gut erhalten sind, befinden sich auf der Evangelienseite im rückwärtigen Teil der Kirche, gegenüber dem Eingang. Sie hatten ein Ausmaß von ungefähr 16 qm, sind aber bei einem Umbau, der ursprünglich im romanischen Stil erbauten Kirche im Jahre 1498 durch das gotische Gewölbe zum Teil verdeckt worden. Das eine Gemälde knapp unter der Decke stellt Christus und die Apostel dar, das andere die hl. Familie und die Anbetung der hl. drei Könige. Die Figuren zeichnen sich durch Zartheit der Glieder aus; an den Kleidern fällt besonders die Schönheit des Faltenwurfes auf. Die Renovierung wurde vom Maler Ludwig Franta vorgenommen, welcher auch die Gemälde entdeckte.

Erwähnenswert ist noch die im gotischen Stil erbaute Annakirche. Der geschnitzte, gotische Hauptaltar ist ein Werk aus dem Grödnertale. Besonders interessant ist auch die in einem Glaskasten auf dem Hochaltar der Pfarrkirche stehende Jesusstatue, die an der Stirne Abschürfungen aufweist, welche der Sage nach von einem Sensenhieb stammen sollen.

B e s c h ä f t i g u n g d e r B e w o h n e r
Durch die technische Erschließung der Buckligen Welt hat sich Wiesmath neben Kirchschlag als Kultur- und Verkehrszentrum entwickelt. Im Markt leben neben Kaufleuten und Gasthofbesitzern viele Gewerbetreibende und Bauern. Der Großteil der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig.

Die Arbeiter sind teils auf dem nahen Pauliberg bei der Basaltgewinnung, teils in Fabriken und bei Unternehmern in Wr. Neustadt oder bei Bau-, Maurer- und Zimmermeistern in Wiesmath und Umgebung beschäftigt.


Quellenverzeichnis und Abkürzungen

Gemeinde Wiesmath: Liste der Volkszählung vom 1. VI. 1951.

Gemeinde Wiesmath: Auszug (Abschrift) aus dem n.-ö. Landesarchiv.

F. Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache.

B. F. Mitter O.S.A.: Die Reichersberger Chorherren in der Pittener Waldmark. „Mitter“.

Dr. H. Wöhrer: Bäuerliche Robotleistungen in unserer Heimat „Robot“.

Prof. F. Bodo: Die Erschließung der Buckligen Welt durch den Kraftwagenverkehr. „Bodo“.

Unser Neunkirchner Heimatbuch „N. Hb.“.

Schulchronik Wiesmath. „Schulchronik“.

Pfarrchronik Wiesmath. „Pfarrchronik“.

Nationalbibliothek. „Nat. Bibl.“: In der Pfarrchronik ist vermerkt, daß die erste Nennung des Namens Wiesmath in einem Buch der Nat. Bibl. im Zusammenhang mit den Diözesanstreitigkeiten verzeichnet ist.

B. Schimetschek: Die Burgen im südöstlichen Niederösterreich.

Lechner Josef

SCHWARZENBERG

N a m e d e s O r t e s
Dorfgemeinde Schwarzenberg; Größe des Gemeindegebietes: siehe Wiesmath; Einwohner des Dorfes: 63; Häuser: 12; Seehöhe: 690 m; einklassige Volksschule.

E r k l ä r u n g d e s O r t s n a m e n s
Unter Schwarzenberg war zuerst der Berg, an dessen Südseite das Dorf liegt, gemeint. Dadurch, daß dieser Berg fast ausschließlich von Schwarzföhren bewachsen war (heute nur noch vereinzelte Bäume!), erschien er gegenüber den anderen Bergen dunkel. Er wurde schwarzer Berg - Schwarzenberg - genannt.

Nach dem Berg wurde dann auch die neue Siedlung benannt.

G e s c h i c h t e d e s O r t e s
Vermutlich war das ganze Gebiet von einem keltischen Volksstamme bewohnt, wie Funde von Tongefäßen und Bronzegegenständen in den Nachbargemeinden beweisen.

Über die Entstehung des Ortes sind keine urkundlichen Unterlagen vorhanden.

Wo heute die Schule steht, stand ein Zollhaus (Grenznähe), um dieses siedelten sich 10 Bauern aus Wiesmath an. Im Jahre 1826 brannte die ganze Siedlung ab, dabei gingen sämtliche Urkunden bzw. Aufzeichnungen verloren.

B e s c h ä f t i g u n g d e r B e w o h n e r
Die Bewohner sind vorwiegend in der Landwirtschaft beschäftigt. 

Friedrich Ebner